FAS-Online-Fortbildung für Lehrer
Kinder mit dem Fetalen Alkoholsyndrom stoßen in der Schule fast immer auf Unverständnis und gelten schnell als „unbeschulbar“. Ihr Verhalten wird allenthalben als frech, ungezogen, hochaggressiv, faul und unkonzentriert wahr genommen. Das hat seinen Grund und ist vermeidbar.
„Leistungsdruck, Überforderung und Reizüberflutung sind Gift für sie“, stellt Ralf Neier klar. Der 52jährige weiß wovon er spricht. Der Sozialarbeiter ist FAS-zertifizierter Experte, Leiter einer Intensivgruppe beim Eylarduswerk und unermüdlicher Vortragsreisender. Die Erfahrung zeigt: Wüssten die Lehrer um die speziellen Probleme und Nöte dieser Kinder, und wüssten sie um die pädagogischen Möglichkeiten auf die Kinder einzugehen und sie ihren Fähigkeiten entsprechend zu fördern, würde sich die Schulsituation für alle Beteiligten deutlich entspannen.
Um das zu erreichen, haben der Verein FASD Netzwerk Nordbayern gemeinsam mit der Universität Erlangen-Nürnberg, dies unter der Leitung der Psychologin Marion Meyerolbersleben, eine Online-Fortbildung für Lehrer ins Leben gerufen.
Was hat den Anstoß gegeben, eine Online-Fortbildung für Lehrer anzubieten?
Marion Meyerolbersleben: Den Anstoß gab der Aufruf des Zentrums für Lehrerinnen- und Lehrerausbildung (ZfL), eine Einrichtung der Universität Erlangen-Nürnberg. Es wurde vor Jahren nach Kursangeboten gefragt und ich hatte auf einmal die Idee, beim FASD-Netzwerk Nordbayern nachzufragen. Die Antwort kam schnell und öffnete den Weg für eine spannenden Kooperation.
Richtet sich die Fortbildung an Lehrer aller Schulformen?
Marion Meyersolbersleben: Ja!
Sind Vorkenntnisse erforderlich? Wenn ja, welche?
Marion Meyerolbersleben: Es sind keine inhaltlichen, nur grundsätzliche Kenntnisse bei der Nutzung des Internets nötig.
Welche Themenbereiche werden mit der Fortbildung abgedeckt?
Marion Meyerolbersleben: Dieses Seminar gibt erstens einen Überblick über die Folgen von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft. Präventive Maßnahmen sind nötig, um die Anzahl der Betroffenen deutlich zu verringern. Da FASD bei konsequentem Alkoholverzicht zu 100% vermeidbar ist, geht es zweitens um die Primärprävention. Deshalb sollte jungen Menschen die Botschaft, “kein Alkohol, wenn Du schwanger bist”, bereits in der Schule vermittelt werden und dies möglichst wiederholt.
Hier setzt dieses Seminar an und zeigt Wege auf, wie die entsprechenden Informationen im Schulalltag vermittelt werden können.
Das dritte Thema beschäftigt sich mit der Tatsache, dass Kinder mit FASD die Lehrer besonders herausfordern. Es werden deshalb die Schwierigkeiten, die SchülerInnen mit FASD im Schulalltag haben, aufgezeigt und über den Umgang damit sowie die Entlastungsmöglichkeiten informiert.
Wer hat konzeptioniert und wer die einzelnen Module für das Seminar erarbeitet/geschrieben?
Marion Meyerolbersleben: Für die Inhalte sind Dr. Gisela Bolbecher*, Dr. Heike Kramer** und Sigrid Mosé*** verantwortlich. Konzeption und Umsetzung erfolgten am Institut für Lerninnovation (FAU) durch mich.
Das Seminar ist für drei Wochen ausgelegt. Wie hoch ist der Aufwand für die Teilnehmer?
Marion Meyerolbersleben: Wie intensiv sie sich jeweils mit den Themen befassen, können die Teilnehmenden – je nach Interesse und Zeitbudget – teilweise selbst entscheiden. Wir gehen von einer Bearbeitungszeit von insgesamt 2-3 Stunden pro Woche aus.
In welcher Form findet Kommunikation statt?
Marion Meyerolbersleben: Die Module im Kurs sind multimedial unterstützt. Wir nutzen unter anderem interaktive Videos bzw. Grafiken, Audios und interaktive Aufgaben. Außerdem tauschen wir uns via Telefon und email aus.
Das Seminar ist zertifiziert – ist eine Abschlussprüfung vorgesehen?
Marion Meyerolbersleben: Über das ZfL kann ein Zertifikat für die Lehrerweiterbildung ausgestellt werden, das auch vom Zentrum für Hochschuldidaktik (DiZ) in Dillingen anerkannt ist. Bedingung ist die erfolgreiche Abgabe der drei Aufgaben zu den Modulen.
Könnten Sie sich vorstellen, die Fortbildung auf Bundesebene zu erweitern?
Marion Meyerolbersleben: Grundsätzlich ja.
Gibt es Pläne, die Fortbildung auch für Erzieher, Pflege- und Adoptiveltern, Ehrenamtliche, etc. anzubieten?
Marion Meyerolbersleben: Ja, es gibt Pläne, das Angebot für andere Zielgruppen zu erweitern. Wir wissen, dass hier sehr großer Bedarf besteht. Wie immer, spielen hier die Ressourcen eine entscheidende Rolle. Wenn wir einen Weg finden, das bisher ausnahmslos ehrenamtlich durchgeführte Online-Angebot auszuweiten und auf feste Füße zu stellen, wird es eine Erweiterung des Angebots geben.
Für wann ist der nächste Online-Kurs geplant?
Marion Meyerolbersleben: Für den Herbst 2019.
Wie war die Resonanz bisher?
Marion Meyerolbersleben: Hier ein paar Teilnehmer-Zuschriften:
• Ich habe gestern nach drei Zeugnissen eine Abwechslung gesucht… Und dann kam ich vom dritten Modul nicht mehr los. Das ist so praxisnah und ich frage mich, ob ich nicht auch schon betroffene Schüler hatte, wo das einfach nicht bekannt oder diagnostiziert war.
• Eigentlich schade das der Kurs schon zu Ende ist, hatte mich gerade daran gewöhnt in schlaflosen Nächten etwas sinnvolles zu tun). Nein, mal ernsthaft, der Kurs hat mir persönlich wirklich viel gebracht und Sie bekommen meinen höchsten Respekt für die Vorbereitung und Durchführung Es wäre schön, wenn ich ein Zertifikat zugesendet bekommen würde, kann ich dieses doch dann als “kleine Fortbildung” meinem Träger vorlegen, und auch im Kontakt mit der Schule meiner Kids belegen, dass die Infos die ich den Lehrern hin und wieder gebe, nicht aus der Luft gegriffen sind (die Lehrkräfte der Schule sind ja leider immer noch der Meinung, dass FASD nichts anders als eine verstärkte Form des ADHS sei).
• Eine interessante Fortbildung ist beendet. Es war sehr informativ und lehrreich und hat mir den Blick und das Herz für manche Situationen im Schulalltag geweitet.
• Ich empfand den Kurs als sehr hilfreich. Bei manchen Unterpunkten fiel mir die Beantwortung der Fragen und das Bearbeiten des Themas schwer – nicht aufgrund der Inhalte, sondern aufgrund der Erkenntnis, die ich persönlich gewinnen konnte in Bezug auf meine beiden Schüler, die ich in so vielen Beispielen 1 zu 1 wiederfinden konnte, und dabei zu erfahren, wie viel Druck die beiden den ganzen Tag ausgesetzt sind…. ich musste oft schlucken, wenn mir klar wurde, wie oft ich falsch gehandelt habe.
• Das gibt mir jedoch die Möglichkeit die Inhalte immer mal wieder nachzuarbeiten und die wichtigsten Infos an weitere Menschen aus dem Umfeld weiterzuleiten (Jugendamt/ Vormund/ Selbsthilfegruppe/ Behörden/ Ärzte etc.)
*Dr. Gisela Bolbecher ist Vorsitzende des Vereins FASD Netzwerk Nordbayern (www.fasd-netz.de)
**Dr. Heike Kramer von Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e.V. (ÄGGF), zeichnet für Präventionsveranstaltungen in Schulen verantwortlich
***Sigrid Mosé arbeitet als Fachbereichsleitung Pflegekinderwesen im Kreisjugendamt Neustadt/Aisch-Bad Windsheim.
Autorin: Dagmar Elsen
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